Die Krippe zieht ein…

Jedes Jahr, immer in dieser stillen, besonderen Zeit vor Weihnachten, beginnt in unserer Kirche, meist an einem winterlich kalten Samstagnachmittag und in aller Stille, eine sanfte Landschaft zu wachsen…

…Sandige Wege schlängeln sich hindurch, gesäumt von niedrigen Büschen und Bäumen. Hin und wieder ragen graue Felsen zerklüftet in den Himmel, wenige zaghafte Vogelstimmen schweben und verklingen über dürren Grasbüscheln.
Am Rand einer weiten Ebene steht ein Brunnen. Eine Frau aus dem nahen Dorf kommt zum Schöpfen, ihre beiden Kinder begleiten sie.
In der Abendsonne, die nur noch wenig Wärme spendet, weiden kleine und große Schafe auf den kargen Flächen. Schweigsam und regungslos stehen einige bärtige Gestalten dabei, behalten sie im Auge, blicken hin und wieder in die Weite des umliegenden Landes. Seine scharfen Konturen werden vom milden Licht der untergehenden Sonne allmählich aufgelöst. Es geschieht nicht viel hier draußen.
Als es dämmert, lagern sich Menschen und Tiere um ein kleines, hell leuchtendes Feuer. Die Tage und Nächte hier in der Wildnis sind lang und eintönig. Leise beginnt einer von seinen Alltagssorgen zu erzählen: Das Kind ist krank, zu wenige Lämmer wurden geboren, der Winter droht lang und hart zu werden. Vielleicht stimmen sie zu später Stunde gemeinsam ein uraltes Lied an über das Hirtensein mit seiner Wildheit, Schönheit und Armut.
Am Horizont eine schlichte Hütte, strohgedeckt. Die Stimmen von Tieren sind hörbar. Das Scharren der Klauen eines Ochsen auf dem Lehmboden, das Schnauben eines Esels. Dunkelheit senkt sich herab. Wie jeden Abend.

Alles ist ruhig. Friedlich.
Und doch: 
Im Stehen und Betrachten dieser kleinen Welt wird etwas spürbar,
schwebt etwas seltsam Berührendes in der kalten Luft des dämmrigen Kirchenraumes…
wie ein Lauschen…
Etwas wird geschehen.
ETWAS GANZ GROßES…

G. Wolfrum und R. Schmoldt